Unmittelbar wird die Gemeinde Kaltern am See mit dem Wein Kalterersee in Verbindung gebracht. Die autochthone Rotweinsorte Vernatsch, aus der der Rotwein Kalterersee produziert wird, gehört zur typischen lokalen Sorte und zum Dorf Kaltern. Jedoch hat sich die Entwicklung der Rebflächen, um die Ortschaft und den Kalterer See mit der Zeit erheblich verändert. War es vor dreißig Jahren noch fast ausschließlich die typische Vernatschpergl, die das Landschaftsbild im Überetsch strahlen ließ, so stellten immer mehr Landwirte um, auf die Lage und dem Boden geeignetere Weinsorten mit anderen Erziehungssystemen. Wirtschaftlich gesehen sicher berechtigt.
Foto: wein.kaltern
JAHRHUNDERTE LANGE WEINBAUTRADITION
Das Weindorf Kaltern ist ein Ort mit langer Tradition. Bereits im Jahre 1220 wurde der "vinum de Caldaro", Wein aus Kaltern urkundlich erwähnt. Die Vernatschtraube ist die älteste einheimische Rotweinsorte Südtirols und Grundlage des bekannten Kalterersee-Weins, der damit zum Namensgeber für den in der Umgebung angebauten Wein avancierte. Die Weine mit der Bezeichnung Kalterersee besitzen seit 1970 eine kontrollierte Herkunftsbezeichnung.
VON QUANTITÄT ZU QUALITÄT
Gerne getrunken von Einheimischen und Gästen, fand der Kalterersee zudem einen guten Absatz in der Schweiz, in Österreich und in Deutschland. Der Weinskandal der 80er Jahre und die eher mindere Qualität des Weins selbst gaben jedoch den Anstoß zum Umdenken. Weniger Quantität, mehr Qualität – dies war der neue Leitgedanke der damals noch zwei Genossenschaften in Kaltern (z. B. die Kellerei Kaltern). Und bis heute hat sich diese Linie durchgesetzt. „Ziel ist es, die ursprüngliche Anbaufläche des Vernatschs auf 18 % Qualitätswein zu schrumpfen", so der Obmann der Kellerei Kaltern Christian Sinn. Die Bezeichnung Kalterersee hatte im Jahr 1978 noch etwas über 2500 Hektar Anbaufläche und ist im Jahr 2017 mittlerweile auf nur mehr 401 Hektar eingetragene Rebflächen geschrumpft. Diese Veränderung gilt der Umstellung in den Weinbergen auf andere Rebsorten – nachfragegerecht und dem Markt angepasst.
DAS DORF UND SEIN WEIN HEUTE
Guyot-Erziehungssysteme für den Anbau anderer Rebsorten anstatt die typische Pergl der Vernatschrebe verändert das Landschaftsbild der Überetscher Weingemeinde zusätzlich. Nicht alle befürworten diese Veränderung und bringen zusätzlich den Verlust der Identität des Weindorfs am See zum Ausdruck. „Kaltern und der Kalterersee-Wein sollten in einem Atemzug ausgesprochen werden, wie Tramin mit seinem Gewürztraminer“, meint der in der Weinwirtschaft allseits bekannte Kalterer Toni Romen und weiter: „Die treibende Kraft muss von den Erzeugern ausgehen, den Kellereien, den Winzern und ganz wichtig,
von der Gastronomie. Besonders dort braucht es dringend Aufholbedarf, die Mitarbeiter
im Hotel- und Gastgewerbe im gesamten Anbaugebiet müssen den Kalterersee-Wein den
Gästen anbieten, ihn den Weinliebhabern schmackhaft machen und an erster und nicht an letzter Stelle setzen. Der moderne Vernatsch bietet alle Möglichkeiten und kann in der Spitzengastronomie mithalten.“
Foto: Astrid Kircher
EIN EDLER AUFSTEIGER - DER KALTERERSEE
Der Vernatsch ist wie der Blauburgunder eine schwierige Sorte. Auf Schwemm- und Schotterboden können sich die Trauben am besten entwickeln. Die Erziehung auf der Pergl bietet den großen, aber empfindlichen Früchten den nötigen Schutz. Der Wein präsentiert sich leicht mit heller bis kräftiger, rubinroter Farbe, fruchtig-frischen Aromen mit Noten von Himbeeren und Kirschen und weichen Gerbstoffen und angenehmer Säure. Die Stilistik der Zukunft kann auch etwas schwerer sein, tanninhaltiger mit mehr Körper und Struktur. Je nach Ausbau und Kreativität des Kellermeisters gibt sich der neue Kalterersee sehr facettenreich und bietet sich als der perfekte Allrounder. Schön gekühlt schmeckt dieser Rotwein hervorragend als Aperitif oder auch zum Fisch. Mit der richtigen Temperatur von 12 bis 14 °C wird er zu warmen Vorspeisen, zu Fleischgerichten und ganz klassisch zur Südtiroler Marende serviert. Lokale Gerichte wie der einzigartige Kalterer Plent passen ganz besonders zu diesem Rotwein. Der Kalterersee steht für leichten und unkomplizierten Weingenuss, kann zu jeder Tageszeit und zu jedem Anlass getrunken werden und lädt gerne auf ein weiteres Glas in guter Gesellschaft ein.
DIE KALTERERSEE-WEINCHARTA
Vor zwanzig Jahren wurde die Initiativgruppe wein.kaltern ins Leben gerufen. Diese Interessensgemeinschaft unter der Führung von Tourismusvereinspräsident Sighard Rainer hat sich gemeinsam mit einer unabhängigen Arbeitsgruppe zum Ziel gesetzt, dem Dorf und dem Kalterersee größere Sichtbarkeit und Wertschätzung zu geben. Die Gemeinschaft steht vor allem für Qualitätsstandards in der Kalterer Weinwirtschaft. Dem zufolge und um den selbst gesetzten Standards gerecht zu werden, verpflichteten sich die Weinproduzenten, mit der Kalterersee-Charta definierte Qualitätskriterien einzuhalten. Der Charta liegen die typische Charakteristik des Weins, die guten Lagen, die Qualität der Reben, der reduzierte qualitative Ertrag, die Einkellerung und die gemeinsame Vermarktung zugrunde.
Dreimal im Jahr findet von einer unabhängigen Kommission eine Verkostung der Kalterer-Weine statt und nach der positiven Bewertung erhalten diese Weine eine geschützte Kapsel mit dem Kalterersee-Charta-Selctionssiegel.
DIE CHARTA-WEINE 2019
Das Charta-Gütesiegel ist Garant für einen Kalterersee von Qualität.
Titelfoto: Helmuth Rier
Text: wein.kaltern
Artikel erschienen in der "Die Weinstraße", September 2020!