Weinbau in Tirol - Geschichte und Gegenwart
Klimawandel damals und heute
Ab dem 16. Jahrhundert kam es in Nordtirol zu einem Rückgang im Weinbau. Die Ursachen dafür lagen vor allem in der Klimaverschlechterung mit dem Beginn der „Kleinen Eiszeit“. Höher gelegene Berghöfe wurden damals aufgelassen, die Gletscher nahmen zu. Durch bessere Verkehrswege nach Südtirol nahm auch der Frachtverkehr zu, was zur Folge hatte, dass die Weine aus dem Südtiroler Etschtal billig zu haben waren. Die Tiroler Weingärten wurden allmählich aufgelassen, lediglich an der wärmenden Hausmauer gab es weiterhin Rebstöcke.
Die heutige Klimaerwärmung wirkt für den Tiroler Weinbau positiv. Die Vorverlagerung der Rebblüte durch höhere Temperaturen zieht einen früheren Reifebeginn mit sich. Damit können in begünstigten Gebieten zukünftig auch Rebsorten gepflanzt werden, die infolge einer mittelspäten Reife bisher nicht ausgereift wären. Allerdings erhöht sich durch den frühen Rebenaustrieb auch die Spätfrostgefahr.
Weinbau im Tiroler Oberland
Im Tiroler Oberland (westlich von Innsbruck) ist der Herbst meist stabil, es gibt kaum Nebel, die Trauben können länger am Stock bleiben. Durch das spätere Ernten der Trauben entsteht eine höhere physiologische Reife und damit auch eine höhere Qualität (Weine mit mehr Extrakt, Körper und Alkohol). In Tirol bleibt durch die hohen Temperaturunterschiede zwischen Tag und Nacht auch die Säure länger erhalten, während vergleichsweise in Südtirol schon etwa drei Wochen früher geerntet werden muss, damit das Zucker-Säure-Verhältnis noch stimmt. Die -Trauben haben also weiter nördlich mehr Zeit, wertvolle Aromastoffe einzulagern.
Die Hauptanbaugebiete des Nordtiroler Weinbaus liegen neben den Regionen Zillertal, Großraum Innsbruck, Umgebung Telfs, derzeit besonders im Tiroler Oberland in Haiming, Roppen, Sautens, Tarrenz-Gurgltal, Imst und dem Bezirk Landeck. Tarrenz ist inzwischen die größte Weinbaugemeinde Tirols in Bezug auf die Weinanbau-fläche und die Anzahl der Winzer. Hier wurde auch der erste Weinbauverein „Freie Weinbauern Tiroler Oberland“ im Jahr 2006 gegründet. Seit 2011 gibt es für ganz Nord- und Osttirol den „Tiroler Weinbauverband“ (www.tirolwein.at). Dieser ist im Österreichischen Weinbauverband integriert, wodurch eine Gleichstellung mit den renommierten östlichen Weinbaugebieten erfolgt. Tirol hat derzeit etwa 12ha Rebfläche, 68 Mitglieder sind aktuell im Tiroler Weinbauverband.
Folgende weiße Rebsorten finden sich vorwiegend im Tiroler Oberland: Chardonnay, Müller-Thurgau, Sylvaner, Kerner, Weißburgunder sowie andere. An roten Rebsorten gibt es insbesonders Blauburgunder und Zweigelt. Vermehrt werden auch PIWI-Sorten wie etwa Solaris, Cabernet Jura u.a. gepflanzt.
Vielversprechende Aussichten
Weitere Reben werden im Versuch getestet. Einige engagierte Oberländer Winzer haben in den vergangenen Jahren mit viel Fleiß und Enthusiasmus neue Weingärten angelegt. Sie arbeiten vielfach professionell und überlassen nichts dem Zufall. Bereits seit mehreren Jahren gibt es auch Weine, welche die Bezeichnung „Österreichischer Qualitätswein“ führen und vom regionalen Markt stark nachgefragt werden. Durch Weiterbildungskurse an der Versuchsanstalt Laimburg und die Mitgliedschaft im Vinschger Weinbauverband erfolgt ein reger Erfahrungsaustausch mit den Südtiroler Kollegen. Viele herzliche Freundschaften sind dabei entstanden. Der Wein im Tiroler Oberland ist ein regional begehrtes Nischenprodukt mit eigenem Charme. Mit dem entsprechenden Fachwissen zu Weingarten, Kellerwirtschaft und Sensorik sowie vor allem mit der Liebe zum Wein sind für die Zukunft noch viele gute Tropfen zu erwarten.
Erfolgreiche Präsentation
Am 15. Juni 2019 fand in Stift Stams die Präsentation des Jahrgangs 2018 der Tiroler Weine statt. 15 Winzer brachten mehr als 40 Weine zur Verkostung und gaben damit einen perfekten Überblick zu den Nordtiroler Weinen. Hunderte Besucher genossen die Veranstaltung. Gastronomen, Sommeliers und viele Weinliebhaber wurden von den edlen Tropfen überzeugt.
Der Autor:
Mag. Peter Zoller,
Obmann des Tiroler Weinbauverbandes, Weinbau Zoller-Saumwald, Haiming
Ein Artikel von Mag. Peter Zoller, Weingut Zoller-Saumwald
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