Weinbau in Tirol

Mag. Peter Zoller • März 08, 2024

Weinbau in Tirol - Geschichte und Gegenwart

Begünstigte Lagen und geschützte Hänge wurden in Nordtirol schon vor über 1.000 Jahren für den Weinbau genutzt. Dies ist wenig bekannt, da viele beim Tiroler Weinbau nur an Südtirol denken, wo südlich von Brixen Weinberge das Landschaftsbild prägen.

Die erste urkundliche Erwähnung des Tiroler Weinbaus findet sich um das Jahr 965 – genannt wird Sautens im Vorderen Ötztal. Spätere Aufzeichnungen belegen Weingärten in Ötz sowie im mittleren und oberen Inntal bis nach Prutz auf Höhen von 900 Metern. Viele alte Flurnamen und Ortsteile in Tarrenz, Ötz, Roppen, Pfunds, Imst (z.B. Weinberg) und an anderen sonnigen Orten in ganz Tirol weisen auf den früheren Weinbau hin. Diese Namen finden sich unter anderem häufig in den Grubenbenennungen des Bayerischen Bergbuchs von 1460 bis 1463 wieder. Einige Beispiele aus urkundlichen Aufzeichnungen – existierende Rechnungen gehen hier bis ins 13. Jahrhundert zurück – können dies belegen: Graf Meinhard II. von Görz-Tirol bezog im Jahr 1288 Wein aus seinen Gütern in Telfs. Das Kloster Polling in Bayern ließ sich im Jahr 1341 je 4 Yhren (ca. 300 Liter) Wein aus Hötting und aus Zirl kommen. Selbst in Aurach bei Kitzbühel gab es den „Weinberg“ – 1353 war hier den Bürgern die Weinausschank von der „Mößt“ bis „Martini“ gestattet.

Aufschwung im Mittelalter
Im Mittelalter gab es durch das damals warme Klima und dank der gut florierenden Wirtschaft einen Aufschwung im Nordtiroler Weinbau. Als besonderer Förderer des mittelalterlichen Weinbaus gilt Kaiser Maximilian I. Auf seine Anregung hin entstanden Anfang des 15. Jahrhunderts Weingärten in der Nähe der Martinswand in Zirl. Auch auf den sonnigen Hängen unterhalb des Thaurer Schlosses (heute eine Ruine) ließ er Sylvaner-Rebstöcke pflanzen. Einerseits wollte man durch den eigenen Wein näher an der Quelle sein und andererseits hohe Kosten durch Transport und Zölle sparen. Zu Zeiten Kaiser Maximilians I. dürfte es in Nordtirol etwa 60 Hektar Weingärten gegeben haben.

Aufgrund des sonnigen Klimas wurde im späten Mittelalter auch in Hötting Wein angebaut. Hötting war damals eine eigene Gemeinde und ist heute ein Stadtteil von Innsbruck. Der Urenkel von Kaiser Maximilian I., Landesfürst Ferdinand II., ließ in der recht kalten und windigen Haller Au 1583 einen Weingarten anlegen. Er gab dafür sehr viel Geld aus, die Trauben reiften aber nie richtig. Der Tiroler Landtag sperrte ihm daraufhin die Gelder und stellte 1598 das Steckenpferd des Landesfürsten ein.

Allerlei Zusätze
Lange Zeit war es auch üblich, dem vergorenen Rebensaft Zucker, Gewürze und Kräuter beizugeben. Dies galt keineswegs als unzulässige Weinverfälschung, sondern als Qualitätsverbesserung, besonders wenn die verwendeten Aromastoffe teuer waren. Auch das Verdünnen mit Wasser oder das Verstärken mit Branntwein war durchaus üblich. So dienten viele der Zusätze, wie Honig oder Weinbrand, dem Haltbarmachen des Weins. Umgekehrt sollte das Herabsetzen mit Wasser alkoholstarke Weine bekömmlicher machen und/oder die Gefahr der Trunkenheit verringern.

Der Wein wurde allmählich zum Haustrunk und hatte zudem den Vorteil, dass er durch den Alkoholgehalt frei von Bakterien war. Das Wasser hingegen war in früheren Zeiten mitunter verunreinigt und mit Bakterien belastet.

Klimawandel damals und heute

Ab dem 16. Jahrhundert kam es in Nordtirol zu einem Rückgang im Weinbau. Die Ursachen dafür lagen vor allem in der Klimaverschlechterung mit dem Beginn der „Kleinen Eiszeit“. Höher gelegene Berghöfe wurden damals aufgelassen, die Gletscher nahmen zu. Durch bessere Verkehrswege nach Südtirol nahm auch der Frachtverkehr zu, was zur Folge hatte, dass die Weine aus dem Südtiroler Etschtal billig zu haben waren. Die Tiroler Weingärten wurden allmählich aufgelassen, lediglich an der wärmenden Hausmauer gab es weiterhin Rebstöcke.


Die heutige Klimaerwärmung wirkt für den Tiroler Weinbau positiv. Die Vorverlagerung der Rebblüte durch höhere Temperaturen zieht einen früheren Reifebeginn mit sich. Damit können in begünstigten Gebieten zukünftig auch Rebsorten gepflanzt werden, die infolge einer mittelspäten Reife bisher nicht ausgereift wären. Allerdings erhöht sich durch den frühen Rebenaustrieb auch die Spätfrostgefahr.


Weinbau im Tiroler Oberland

Im Tiroler Oberland (westlich von Innsbruck) ist der Herbst meist stabil, es gibt kaum Nebel, die Trauben können länger am Stock bleiben. Durch das spätere Ernten der Trauben entsteht eine höhere physiologische Reife und damit auch eine höhere Qualität (Weine mit mehr Extrakt, Körper und Alkohol). In Tirol bleibt durch die hohen Temperaturunterschiede zwischen Tag und Nacht auch die Säure länger erhalten, während vergleichsweise in Südtirol schon etwa drei Wochen früher geerntet werden muss, damit das Zucker-Säure-Verhältnis noch stimmt. Die -Trauben haben also weiter nördlich mehr Zeit, wertvolle Aromastoffe einzulagern.


Die Hauptanbaugebiete des Nordtiroler Weinbaus liegen neben den Regionen Zillertal, Großraum Innsbruck, Umgebung Telfs, derzeit besonders im Tiroler Oberland in Haiming, Roppen, Sautens, Tarrenz-Gurgltal, Imst und dem Bezirk Landeck. Tarrenz ist inzwischen die größte Weinbaugemeinde Tirols in Bezug auf die Weinanbau-fläche und die Anzahl der Winzer. Hier wurde auch der erste Weinbauverein „Freie Weinbauern Tiroler Oberland“ im Jahr 2006 gegründet. Seit 2011 gibt es für ganz Nord- und Osttirol den „Tiroler Weinbauverband“ (www.tirolwein.at). Dieser ist im Österreichischen Weinbauverband integriert, wodurch eine Gleichstellung mit den renommierten östlichen Weinbaugebieten erfolgt. Tirol hat derzeit etwa 12ha Rebfläche, 68 Mitglieder sind aktuell im Tiroler Weinbauverband.


Folgende weiße Rebsorten finden sich vorwiegend im Tiroler Oberland: Chardonnay, Müller-Thurgau, Sylvaner, Kerner, Weißburgunder sowie andere. An roten Rebsorten gibt es insbesonders Blauburgunder und Zweigelt. Vermehrt werden auch PIWI-Sorten wie etwa Solaris, Cabernet Jura u.a. gepflanzt.


Vielversprechende Aussichten

Weitere Reben werden im Versuch getestet. Einige engagierte Oberländer Winzer haben in den vergangenen Jahren mit viel Fleiß und Enthusiasmus neue Weingärten angelegt. Sie arbeiten vielfach professionell und überlassen nichts dem Zufall. Bereits seit mehreren Jahren gibt es auch Weine, welche die Bezeichnung „Österreichischer Qualitätswein“ führen und vom regionalen Markt stark nachgefragt werden. Durch Weiterbildungskurse an der Versuchsanstalt Laimburg und die Mitgliedschaft im Vinschger Weinbauverband erfolgt ein reger Erfahrungsaustausch mit den Südtiroler Kollegen. Viele herzliche Freundschaften sind dabei entstanden. Der Wein im Tiroler Oberland ist ein regional begehrtes Nischenprodukt mit eigenem Charme. Mit dem entsprechenden Fachwissen zu Weingarten, Kellerwirtschaft und Sensorik sowie vor allem mit der Liebe zum Wein sind für die Zukunft noch viele gute Tropfen zu erwarten.


Erfolgreiche Präsentation

Am 15. Juni 2019 fand in Stift Stams die Präsentation des Jahrgangs 2018 der Tiroler Weine statt. 15 Winzer brachten mehr als 40 Weine zur Verkostung und gaben damit einen perfekten Überblick zu den Nordtiroler Weinen. Hunderte Besucher genossen die Veranstaltung. Gastronomen, Sommeliers und viele Weinliebhaber wurden von den edlen Tropfen überzeugt.


Der Autor:

Mag. Peter Zoller,

Obmann des Tiroler Weinbauverbandes, Weinbau Zoller-Saumwald, Haiming

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